24.11.2014: Vortrag von Walter Haefeker

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Bienen, Vielfalt, Lebensqualität" referierte Walter Haefeker am Montag, den 24. November 2014, im Pfarrsaal von St. Maximilian über das Thema „Stadtimkerei – Modetrend oder Notwendigkeit? Warum es Bienen und Imker in der Stadt heutzutage leichter haben als auf dem Land".

Download der Pressemitteilung vom 17. November 2014

Vortrag von Walter Haefeker im Pfarrsaal von St. Maximilian (Foto: S. Lange)

Nach einer kurzen Begrüßung von Sigrun Lange (München summt!) und Markus Pahlke (Imker am Standort St. Maximilian) begann Walter Haefeker seinen Vortrag „Stadtimkerei – Modetrend oder Notwendigkeit?“, der ganz automatisch weg vom engeren Thema der Imkerei hin zu den Problemen einer industriellen Landbewirtschaftung führte. Denn in der ausgeräumten Kulturlandschaft auf dem Land haben es Bienen mittlerweile schwer, sich und ihre Brut von Frühsommer bis Herbst ausreichend mit Nahrung zu versorgen. Monokulturen, beispielsweise im Rapsanbau, bieten zwar zeitweise ein großes Angebot an Pollen und Nektar, doch nach der Ernte versiegt die Futterquelle von einem Tag auf den anderen. Im Flugradius der Bienen sind dann häufig nur noch wenige alternative Trachtpflanzen vorhanden – das Volk leidet Hunger. Zudem werden unzählige Bienen getötet, wenn die Felder an sonnigen Tagen von Mähmaschinen mit Aufbereitungsvorrichtungen geerntet werden. Laut Haefeker zielt die Werbemaschinerie der Agrarindustrie noch immer auf eine möglichst intensive Flächenbewirtschaftung mit dem Ergebnis, dass sämtliche Begleitkräuter, die lange Zeit in Agrarlandschaften beheimatet waren, eliminiert werden. Um von den Problemen abzulenken, die derartige Agrarwüsten verursachen, propagieren BASF, Bayer & Co die ökologische Aufwertung von so genannten „Eh-da-Flächen“, also etwa von Wegerändern, Straßenböschungen, Bahndämmen oder Verkehrsinseln, die Hummeln und Bienen ein vielfältiges Nahrungsangebot bieten sollten. Damit werden Gewinne privatisiert, die entstehenden Kosten jedoch sozialisiert, kommentiert Haefeker diese Machenschaften der Industrie.

Als Präsident des Europäischen Berufsimkerverbands engagiert sich Haefeker schon lange für eine bienen- und umweltfreundliche Agrarpolitik. Ein mühsamer Kampf zwischen David und Goliath möchte man meinen, aber dennoch zeichnen sich bereits Erfolge ab. So ist die Europäische Union die weltweit einzige Region, in der zumindest ein temporäres Verbot der Neonikotinoide, einer Gruppe von hochwirksamen Insektiziden, die 5000 bis 7000 Mal toxischer wirken als DDT, erwirkt werden konnte. Zudem entstehen laut Haefeker neue Kooperationen, wie etwa die zwischen Imkern und Jägern, die lange Zeit kein gutes Verhältnis hatten, jetzt aber den Schulterschluss suchen, um sich gemeinsam für (wild)tierfreundliche Erntepraktiken in der Landwirtschaft einzusetzen. Auch einzelne Landwirte kooperieren gerne mit den Imkerverbänden, wenn dabei neben mehr Tier- und Umweltschutz auch eine höhere Wertschöpfung für ihre Produkte zu erwarten ist. Als Beispiel dafür nennt Haefeker das Projekt „Die sternenfaire Milch“, in dem Landwirte und Imker zusammenarbeiten, um nicht nur Kühe und Bienen, sondern über einen fairen Milchpreis auch die Bauern glücklich zu machen. Erfreulicherweise wird das Engagement von Walter Haefeker mittlerweile auch in der Politik wahrgenommen: Im November 2014 zeichnet ihn Staatsministerin Ulrike Scharf mit der Bayerischen Staatsmedaille für besondere Verdienste um die Umwelt aus.

Gegen Ende seines Vortrags schlug Haefeker noch einmal den Bogen zurück zur Stadtimkerei, die im Gegensatz zur Imkerei auf dem Land gerade boomt. Denn in urbanen Gebieten finden sich nicht nur ausreichend pestizidfreie Blühflächen, sondern auch viele, oftmals junge Menschen, die über das Hobby der Imkerei einen Ausgleich zu ihrem Job im Büro und eine Verbindung zur Natur suchen. Doch nicht bei jedem alteingesessenen Imker kommt der neue Trend gut an. Viele befürchten, die jung-dynamischen Freizeitimker könnten mit zu wenig Wissen und Erfahrung an die Sache herangehen und damit den Bienen schaden. Haefeker plädiert jedoch dafür, die Stadtimker willkommen zu heißen, denn gerade die Vielfalt der Quereinsteiger macht die Stärke der Imkerschaft aus. Gemeinsam kann mehr erreicht werden und schließlich macht es nicht so viel Unterschied, ob man sich das Wissen ganz klassisch, innerhalb eines Vereins oder über Kurse im Internet angeeignet hat. Dennoch betont Haefeker, dass jeder Imker bereit sein muss, Verantwortung für sein Bienenvolk zu übernehmen. Denn seitdem die Varroa-Milbe eingeschleppt wurde, braucht eine Honigbiene die Pflege des Imkers, um zu überleben. Am Ende bemisst sich der Wert eines Imkers nicht an der Zahl seiner Völker, sondern an seinem Engagement für die Bienen und die Imkerschaft.