Interview mit Johanna Brechtken
München summt: Seit Anfang Mai stehen zwei Bienenstöcke im Garten der Seidlvilla. Wie kam es dazu?
Johanna Brechtken: Schon vor einigen Jahren wollte ein Hobby-Imker seine Bienen in unseren Garten stellen. Wir befürchteten aber Probleme, da wir viele Besucher mit (Klein-)Kindern haben. Die Initiative München summt! hat unsere Bedenken dann aber etwas zerstreut. Hinzu kam auch, dass wir für 2013 eine Ausstellung mit Arbeiten der Künstlerin Angelika Bartholl planten. Für die Zeichnungen in Mischtechnik ihres Bienenzyklus „Ambrosia“ sind die Bienenvölker im Garten eine schöne konzeptionelle Ergänzung. Und wir haben durch zusätzliche Rahmenveranstaltungen wie Vorträge zur bienenfreundlichen Balkonbepflanzung, Ausstellungs- und Imkerführungen sowie dem Filmabend „More than Honey“ am 18. Juni um 19 Uhr ein rundes Programm rund um das Thema Biene zusammengestellt.
Wie reagieren die Besucher der Seidlvilla auf die ungewohnten Gäste im Garten?
Sehr positiv! Die meisten Besucher bleiben sofort stehen, wenn Sie die Kästen gleich hinterm Gartentor bemerken, und treten näher. Auch unsere Nachbarn reagieren sehr interessiert, erkundigen sich und fragen jetzt schon nach, ob und wann sie den Seidlvilla- Honig bekommen können. Ein benachbarter Zahnarzt hat sich nun sogar vorgenommen, seinen Garten bienenfreundlich zu bepflanzen. Regelmäßig kommen auch die Kinder einer benachbarten Krippe und schauen „was die Bienen machen“. Man kann sagen: Das Team im Haus und unsere Besucher haben die Bienen gleich „adoptiert“, die gehören jetzt dazu.
Gibt es etwas, das Sie persönlich bei der Beobachtung der Bienen besonders interessiert oder begeistert?
Neben dem ökologischen Kontext finde ich besonders das komplexe System Bienenvolk spannend. Die Organisation, biologische Funktionen und Abläufe im Bienenleben, Honigproduktion, alle diese Dinge sind faszinierend und werden sehr anschaulich bei den Imker-Führungen dargestellt.
Immer freitags zwischen 15 und 17 Uhr können Interessierte dem Imker Harald Weiß über die Schulter schauen. Wie wird das Angebot bisher angenommen?
Sehr gut. Auch wenn einige Führungen bisher buchstäblich ins Wasser fielen. Auffallend ist das starke Interesse unserer Besucher vor allem auch an dem Themenkomplex „Bienen und Umwelt“. Ich denke, der Film „More than Honey“ hat die Leute für das Thema sensiblisiert.
Viele Menschen denken beim Anblick von Bienenkästen sofort an die Gefahr, von den Bienen gestochen zu werden. Gab es diesbezüglich schon Probleme?
Außer dass, ich selbst gleich in der ersten Woche gestochen wurde, gab es keinerlei Probleme. Wie mir der Imker sagte, stand ich wohl zu nahe in der Einflugschneise der Bienen und die Biene wehrte sich bei meiner unachtsamen Wischbewegung. Das war aber nicht schlimm und für den Fall der Fälle haben wir uns mit Notfall-Medikamenten eingedeckt.
Bienen finden mittlerweile in den Städten bereits mehr Nahrung als auf dem Land, weil unsere Kulturlandschaft immer weniger Vielfalt zu bieten hat. Sie selber tragen mit der insektenfreundlichen Bepflanzung Ihrer hauseigenen Balkone zu einem breiten Nahrungsspektrum der Bienen bei. Wie gedeihen die Blumen auf Ihrem Balkon und welche Tipps haben Sie für andere, die ebenfalls ein Schlaraffenland für Bienen schaffen wollen?
Durch den verregneten Sommer hält sich die Blütenpracht noch sehr zurück. Wir haben hier in der Seidlvilla beim Vortrag „Bienenfreundliche Balkongestaltung“ drei große Blumenkästen bepflanzt. Zwei davon haben wir mit verschiedenen Samen bestückt. Die Sämlinge sind durch die Kälte allerdings noch sehr klein geblieben. Gut geeignet sind beispielsweise Ringelblume, Männertreu, Kapuzinerkresse oder Kräuter wie Salbei, Minze, und Zitronenmelisse. Der Kasten, den wir mit Storchschnabel bestückt haben, sieht schon sehr schön aus, einiges blüht da auch schon. Dass man den Bienen mit Geranien, die kaum Nektar und Pollen produzieren, keinen Gefallen tut, weiß ich auch erst durch den Vortrag. Jetzt hoffen wir auf endlich schöneres und vor allem wärmeres Wetter. Die Bienen brauchen ja eine konstante Lufttemperatur von mindestens 15 Grad Celsius, damit sie aktiv werden.
(Das Interview führte Sigrun Lange im Juni 2013)